Der Seemann ist wieder da, bläulich wie zarte Krampfadern seine Tättowierungem am nackten Oberkörper, immer noch blass vom Vermeiden allen Tageslichts, er freut sich nicht, mich wiederzusehen. Ein übergewichtiges Pärchen aus England schweigt sich an. Zufrieden essen sie große Portionen gebratener Nudeln, meine Schüssel vietnamesischer Nudelsuppe ist auch riesig und schmeckt ziemlich grandios. Zwei junge Laoten bestellen ebenfalls Suppe, sie hören laut Popmusik mit ihrem Smartphone. Eigentlich mögen wir die Einheimische doch lieber arm, still und rückständig. Zurück über die Grenze nach Thailand, die Abendsonne wirft einen silbernen Glanz auf den breiten Fluss. Mekong Ade. Und plötzlich diese „Schwernehmigkeit“, so nannte mein Vater das. Die beissende Schärfe einer Nudelsuppe am Bahnhof von Ubon sollte jeden Anflug von Weltschmerz verscheuchen. Ach hätte ich doch den im Wasserfläschchen getarnten Laolaofusel gekauft. Aber eine ganze Nacht im Wiegen des Zuges muss ausreichen. Weiße und gelbe Lichter ziehen vor dem Fensterpanprama vorbei, blitzen kurz auf im Schwarz, ein entgegenkommender Zug wird vorbeigelassen, er pfeift, wie alle Züge in allen Träumen der Welt pfeifen, beim Halt im Irgendwo stehen fahle Gestalten am Bahndamm. Gehen sie nach Hause? Haben sie ein Haus? Schlafen sie unter einem Dach aus Wellblech, einer Plane, aus Stroh, aus Bambuslatten, aus Holz mit verziertem First in Form eines Drachen?
Danke für deine schillernd-schwermütige Impression. Mein Morgen ist gerettet!
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Danke, da leg ich nachher doch gleich noch was nach…
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