158 Freunde in neun Tagen! So lang bin ich jetzt bei Facebook. Mit zweien hab ich mich schon analog verabredet. Soll ja keiner was sagen. Am Anfang macht es auch ein bisschen süchtig, schon spannend, wie das da funktioniert. Sehr schnell. Sich die Autokorrektur: Legastenieliste statt Leseliste, Vergilio statt Virilio… Sieg der Oberflächenreize: Wie Extasy, darauf haben wir mal eine Nacht lang voller Hingabe ein Zimmer in den verschiedensten himmelblauen Farbtönen gestrichen, am nächsten Tag sah es aus wie scheiß Kleckserei, wir mussten neustreichen, das machte uns aber gar nichts. Jedenfalls gibt keiner auf fb etwa Privates preis, niemand würde „Beziehungsstatus“ oder Näheres zum Job angeben, die meisten „Freunde“ (ab jetzt alles ohne Anführungszeichen) nutzen Fb eh nur, um Werbung für sich und ihre Produkte zu verbreiten. Weshalb jede dahergelaufene Freundschafts-Anfrage noch vom berühmtesten Schriftsteller angenommen wird. Mehr Freunde, mehr Klicks, mehr Erfolg. Sie annoncieren Bücher, Veranstaltungen, Meinungen. Die ersten zwei Artikel sind bestenfalls informativ wie eine Postwurfsendung, die man ja auch angucken oder ungelesen wegschmeißen kann, der dritte haut auf den alternativen digitalen Stammtisch. #Metoo , Volksbühne, Weihnachtsmarktverpollerung, Kataloniens oder Zimbabwes politische Zukunft. Empörung, Selbstgerechtigkeit und wohlfeile Weltrettungsmissionen. Da ist halt kein Redakteur oder Lektor vor… Nun kann man sich ja selber aussuchen, zu welchem Tisch man sich gesellt oder von welchen Freunden man sich lieber gleich wieder verabschiedet. Mir wird wieder mal klar, warum ich im echten Leben so wenig Freunde hab.