Umgraben

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One of those days. Am liebsten wäre ich gar nicht aufgestanden. Sonnabend, der einzig freie Tag, so trüb. Aber ich muss. Muss leben, muss Zähneputzen, muss Staubsaugen, den Müll runterbringen, das Fahrrad im Keller verstauen, die Äste im Garten wegräumen. Spät mach ich alles in dieser Reihenfolge, funktioniere wie ein Automat. Bis ich bei den Ästen bin. Das schöne an trüben Herbsttagen ist, dass niemand in den Garten will. Es gibt nichts mehr zu ernten, kein Altweibersonnenstrahlen und keine Birnen mehr zum Tee, keine Fotomotive von golden illuminiertem Laub. Alles ist feucht, kalt, moderig grün. Es gibt keine Besucher und keine feiernden Nachbarn mehr. Endlich sind wir Gärter allein im Garten. Das ist die schönste Zeit, fällt leider immer in den Herbst und Winter. Ich zerkleinere Gestrüpp und staple es zu Haufen, ich grabe ein Beet um, finde ein paar Kartoffeln, die schwarze Erde duftet. Ich sehe in den Himmel und spüre feinen Nieselregen im Gesicht. Es dauert keine Stunde und ich fühle mich frei von allen dunkeln Gedanken. Ich schneide die schon blattlosen Triebe des Weinstocks herunter und steche mich an den Dornen der Quitte. Letzte Ernten, die Hagebutten lass ich dieses Jahr, die Dolden der Fenchelsamen sind in der Kälte der Nächte schwarzbraun geworden. Ach dürfte ich ein Feuer machen, ich bliebe diese Nacht dort und keine Dunkelheit der Welt könnte mich erreichen.

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4 Antworten zu Umgraben

  1. gartenkuss schreibt:

    Sehr treffend beschrieben. 🍂

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